Pressemitteilung
ÖDP fordert mehr Gerechtigkeit und die Beachtung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes beim Landkreishaushalt 2004
Kurzsichtige, unausgewogene und überzogene Einsparungen mit schnellem Einspareffekt bergen die Gefahr dauerhaft höherer Langzeitkosten
Langquaid, 10.12.2003
Nach ausführlicher Prüfung des Kreishaushaltes und umfangreichen Erhebungen zur tatsächlichen Sach- und Finanzlage bei den potentiellen Empfängern von Landkreisgeldern, stellte Kreisrat Peter-Michael Schmalz als offizieller Sprecher der Ausschussgemeinschaft (AG) im Kreistag Kelheim 4 Änderungsanträge. Die Änderungsanträge waren so berechnet, dass das Gesamthaushaltsvolumen und der Kreisumlagensatz von 46% nicht erhöht hätten werden müssen:
Antrag 1
In der Haushaltsstelle 7920 1710 (Zuweisungen für laufende ÖPNV-Zwecke vom Land) wird statt einer Einnahme von lediglich € 600.000 eine realitätsnähere Einnahme von € 648.500 eingestellt. Die in der ÖPNV-Ausschusssitzung vom 24.11.03 vorgenommenen Kürzungsansätze werden um 50% reduziert. Der vom Landkreis Kelheim zu leistende ÖPNV-Zuschuss in Höhe von € 628.000 bleibt unverändert entsprechend des Vorschlages des ÖPNV-Ausschusses vom 24.11.03 und der Verwaltungsvorlage zum Kreishaushalt.
Begründung:
In den letzten Jahren haben sich die Zuweisungen des Freistaates Bayern an den Landkreis Kelheim wie folgt entwickelt (alles in Euro):
2000 Rechnungsergebnis: 409.000
2001 Rechnungsergebnis: 607.000
2002 Rechnungsergebnis: 688.000
2003 Haushaltsansatz: 550.000 tatsächlich erhalten: 713.000
2004 Haushaltsansatz (Vorlage): 600.000 AG-Antrag: 648.500
Die AG sieht es als sinnvoll an, einen möglichst wirklichkeitsnahen und auch tatsächlich realisierbaren ÖPNV-Haushalt im Gesamthaushalt 2004 einzustellen. Auch von Seiten der AG werden selbstverständlich Effektivierungsmaßnahmen im ÖPNV mitgetragen. Es hat jedoch mehrere Jahre gedauert hat, im ÖPNV-Fachausschuss und in einer speziellen Fach-Arbeitsgruppe in ausführlich ausgewogenen Schritten tatsächliche Einsparungsmaßnahmen im sehr komplexen und umfangreichen ÖPNV-Bereich unter Beibehaltung der vorgeschriebenen Grundversorgung durch zu führen. Nun werden in einer Art „Hauruck-Aktion“ auf einen Schlag nochmals € 97.000 Kürzungen vorgegeben, obwohl sich der ÖPNV-Fachausschuss erst im nächsten Jahr detailliert mit der Aufteilung der Kürzungen auf die einzelnen Haushaltstellen und vor allen Dingen auch mit der tatsächlichen Realisierbarkeit der Kürzungen beschäftigen soll.
Angesichts der dargelegten Rahmenbedingungen erscheint es der AG wesentlich sinnvoller, zur Erreichung des von der AG mitgetragenen Endsaldos der Verwaltungsvorlage bei den Landkreiszuschüssen zum ÖPNV in Höhe von € 628.000, nicht nur auf der Ausgabenseite, sondern auch auf der Einnahmenseite realitätsnähere Anpassungen vor zu nehmen.
Antrag 2
Der Landkreiszuschuss an den Kreisjugendring wird von € 80.000 auf € 85.000 angehoben.
Begründung
Im Jahr 2003 wurde der Zuschuss an den Kreisjugendring um € 9.480 reduziert. Diese Kürzung war damals bereits heftig umstritten. Aus den Erfahrungen des Jahres 2003 (s. auch Bericht in der Jahreshauptversammlung des Kreisjugendringes) hat sich ergeben, dass aufgrund der erfolgten Kürzungen massive Einschnitte in die Arbeit der Jugendarbeit vor Ort in den Gemeinden stattfinden werden. Laut einer Meldung des Bayerischen Rundfunks vom 09.12.03 ist zu erwarten, dass vom Land Bayern die staatlichen Zuschüsse im Bereich der Jugendarbeit im Rahmen der Kürzungsvorgaben von Ministerpräsident Stoiber für die einzelnen Ministerien um ca. 30% sinken werden. Vor einem solchen Hintergrund halten wir es für dringend geboten, die überproportionale Kürzung der Landkreiszuschüsse des letzten Jahres zumindest teilweise wieder rückgängig zu machen. Sicher sehen auch wir die Notwendigkeit, dass der KJR alle seine eigenen Effektivierungspotentiale ausnutzt, jedoch können unserer Ansicht nach die erfolgten Reduzierungen der Zuschüsse für den KJR nicht alleine durch eigene KJR-Sparmaßnahmen oder einmalige Spenden Dritter ausgeglichen werden, es sei denn, man nimmt gravierende strukturelle Einschnitte an der Basisarbeit des KJR und der vom ihm unterstützten örtlichen Jugendinitiativen in Kauf.
Antrag 3
Der Zuschuss an den Arten- und Biotopschutzverband LBV für die Fortführung des EU- und BStMLU-Weißstorchprojektes in den Tälern der Abens und der Laaber in Höhe von € 2.500 wird in die Haushaltstelle 3601.5100 expressis verbis eingestellt.
Begründung
Der LBV führt im Landkreis Kelheim seit 1989 in den Tälern von Abens und Laaber sehr erfolgreich in Zusammenarbeit mit örtlichen Landwirten die Umsetzung des bayernweiten Weißstorchprojektes (mit positiven Nebeneffekten auch für die Schaffung und die Pflege von Retentionsflächen für den Hochwasserschutz) durch. Die jährliche anteilige Mittelbereitstellung des Landkreises (seit 1997 aus Haushaltstelle 3601.5100) beim Finanzierungskonzept der beiden Projekte betrug im Jahr 2002 € 3.000 (s. Bewilligungschreiben des Landkreis Kelheim vom 10.01.02). Im Jahr 2003 erfolgte im Rahmen der Sparmaßnahmen des Landrates eine Kürzung des Zuschusses um 17% auf € 2.500. Der LBV hat für das Jahr 2004 auf der Basis dieser gekürzten Förderung für 2003 um die Bereitstellung eines anteiligen Landkreis-Zuschusses in Höhe von € 2.500 gebeten. Aus Gründen der Planungssicherheit für die beiden Projekte beantragt die AG daher die Einstellung der beantragten Mittel in der genannten Haushaltsstelle. Eine Erhöhung des Volumens der Haushaltsstelle in Höhe von € 13.000 ist nicht erforderlich, da nur € 10.000 für das Altmühlleitenprojekt des VöF fest eingeplant sind.
Antrag 4
Der Zuschuss an die Caritas für die Schuldner und Insolvenzberatung wird einmalig zum Abbau einer Beratungswartezeit von einem halben Jahr um € 3.500 erhöht.
Begründung
Nach Auskunft der Caritas Kelheim gibt es zur Zeit bei der Insolvenzberatung eine Wartezeit von ca. einem halben Jahr, was einem Volumen von ca. 40 Fällen entspricht. Selbst dringendste Fälle können nicht sofort bearbeitet werden und müssen ca. ein halbes Jahr warten, bis mit ihrer Beratung begonnen werden kann. Die bei der Caritas angestellte Fachkraft (gelernter Bankkaufmann und Sozialpädagoge in einer Person) arbeitet zur Zeit 33 Stunden pro Woche. Pro tausend Euro zusätzlichem Zuschuss im Jahr 2004 könnte die Wochenarbeitszeit der Fachkraft um eine Stunde erhöht werden. Pro einer Stunde mehr wöchentlicher Arbeitszeit könnten wiederum nach Angaben der Caritas ca. 5 Fälle zusätzlich bearbeitet werden. Ein einmaliger Zuschuss an die Caritas in Höhe von € 3.500 würde somit den genannten Beratungsstau und somit auch die Wartezeit nachhaltig reduzieren. In diesem Zusammenhang dürfen wir daran erinnern, dass auch im Bereich der Denkmalpflege in einem der letzten Kreishaushalte eine einmalige Aufstockung der Denkmalpflegezuschüsse eingestellt wurde um einen Antragsstau nachhaltig zu reduzieren. Nach Ansicht der AG wäre der einmalige Sonderzuschuss in Höhe von € 3.500 eine zielgerichtete und effektive Investition des Landkreises um Landkreisbürgern in verzweifelten und schier ausweglosen Situationen einen (zeitlich greifbaren und Hoffnung gebenden) Weg aus einer nicht selten unverschuldeten Lebenskrise (z. B. finanzieller Ruin einer Person aufgrund nicht eingehaltener Zahlungsverpflichtungen von Dritten) zu ermöglichen.
Hinweis: Nach Auskunft der Caritas erscheint das ins Spiel gebrachte Modell der Durchführung einer Schuldnerberatung durch pensionierte Banker auf ehrenamtlicher Ebene nicht zielführend, da dies bereits an anderen Stellen in Bayern mit wenig Erfolg probiert wurde. Hierbei wurde festgestellt, dass häufig die finanziellen Lebenskrisen von persönlichen Schwierigkeiten begleitet werden und daher auch soziale Fachkompetenz bei den Problemlösungen nötig ist.
Ergebnis: In der Kreistagssitzung vom 15.12.03 werden die Änderungsanträge der Ausschussgemeinschaft ÖDP/Grüne auf Empfehlung von Landrat Faltermeier mehrheitlich abgelehnt. Aus diesem Grund haben die 6 Mitglieder der AG den Kreishaushalt abgelehnt. Alle anderen Kreisräte incl. Landrat stimmten dem Kreishaushalt zu. Bereits wenige Tage nach Ablehnung der Änderungsanträge der AG, ist in allen bayerischen Zeitungen ausführlich nach zu lesen, dass genau in den von der AG beantragten Änderungsbereichen die Stoiber`schen Kürzungen Existenz bedrohende Auswirkungen haben werden (Jugendarbeit, Schuldnerberatung, Naturschutz). Gerade deshalb wäre eine Berücksichtigung der beantragten Änderungen der AG besonders wichtig für die genannten gesellschaftlichen Bereiche im Landkreis gewesen.