Pressemitteilung
ÖDP fordert erneut Einführung einer Informationsfreiheitssatzung für den Landkreis
Antrag von ÖDP-Kreisrat Peter-Michael Schmalz im Kelheimer Kreistag
Für die ÖDP im Kreistag Kelheim stelle ich folgende Anträge:
1. Es wird eine Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises des Landkreises Kelheim (Informationsfreiheitssatzung) nach dem beiliegenden Muster-Entwurf für die Kreisfreie Stadt Passau verabschiedet.
2. In die Satzungen der landkreiseigenen GmbHs bzw. GmbHs mit Landkreisbeteiligung sollen Regelungen für ein Akteneinsichtsrecht in allen Fällen, in denen dies rechtlich zulässig ist, aufgenommen werden. Die Verwaltung wird beauftragt, die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und einen Entwurf vorzulegen, der den zuständigen Gremien zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt wird.
Begründung der Anträge:
Vorgeschichte: Seit Februar 2005 (Transparenzantrag) bzw. Januar 2006 (Antrag Infofreiheitssatzung) habe ich zwischenzeitlich mehrfach für die ÖDP im Kreistag Kelheim beantragt, den Bürgern mehr Informationsrechte als bisher praktiziert zu Teil werden zu lassen. Laut Beschluss des Kreisausschusses wurde mein letzter Antrag in dieser Sache soweit zurück gestellt, bis die Kreisfreie Stadt Passau als Vorreiter auf diesem Gebiet (bedingt durch die dortigen Initiativen des zweiten Bürgermeisters der Stadt Passau, ÖDP-Landesgeschäftsführer Urban Mangold) eine rechtskräftige Informationsfreiheitssatzung verabschiedet hat. Dies ist mittlerweile geschehen. Am 26.07.2010 hat das Plenum dem Antrag der Passauer ÖDP auf Erlass einer Informationsfreiheitssatzung (Text s. Anlage) bei nur einer Gegenstimme zugestimmt.
Inhaltliche Begründung: Informationsfreiheit ist ein demokratisches Kontroll- und Mitgestaltungsrecht für alle Bürger. Wo Informationsfreiheit besteht, haben Bürger ein allgemeines Einsichtsrecht in die Akten der öffentlichen Verwaltung. Dadurch werden die Informationen, die in den Behörden vorliegen, das was sie eigentlich sein sollen: öffentliche Informationen, die allen Bürgern gehören. Das Prinzip der Öffentlichkeit der Verwaltung tritt an die Stelle des traditionellen Amtsgeheimnisses.
Informationsfreiheit steht im Einklang mit Recht und Gesetz. Schutzbestimmungen anderer Gesetze, wie etwa dem Datenschutz, bleiben gewahrt. Denn es geht keinesfalls darum, das Privatleben eines Bürgers oder Firmengeheimnisse auszuforschen. Deshalb sind auch die Bereiche, in denen es keinen allgemeinen Zugang zu Informationen geben kann, klar definiert.
In vielen Ländern existieren Informationsfreiheitsgesetze. Seit 1. Januar 2006 ist auch in Deutschland das neue Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Nicht mehr die Geheimhaltung amtlicher Informationen ist nun die Regel, sondern ihre allgemeine Zugänglichkeit. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat Zugang zu den amtlichen Informationen, es sei denn, es liegen im Einzelfall spezielle Ausschluss- oder Beschränkungsrechte vor. Nicht mehr der Zugang zu den Informationen der Behörden ist an Bedingungen geknüpft, sondern deren Geheimhaltung. Behörden müssen begründen, warum sie Unterlagen nicht herausgeben, nicht der Bürger, warum er sie haben will.
Dieses neue Gesetz gilt allerdings nur für die Bundesbehörden. Auch in einzelnen Bundesländern wurden bereits Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet. Nirgendwo sind die Verwaltungen unter einer „Anfrageflut“ zusammengebrochen.
Den Kommunen steht es frei, für ihren eigenen Wirkungskreis im Rahmen der Selbstverwaltung kommunale Informationsfreiheitssatzungen zu beschließen. Der vorliegende Antrag schließt eine Auskunftspflicht aus, soweit die Informationen nach einem Gesetz geheim gehalten werden müssen, oder soweit es sich bei den Informationen um Geheimnisse Dritter, insbesondere zum persönlichen Lebensbereich gehörende Geheimnisse sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, handelt.
Mit einer Informationsfreiheitssatzung kann ein Landkreis sich selbst dazu verpflichten, die Verwaltungsvorgänge im Landratsamt allgemein zugänglich und transparent und damit auch nachvollziehbar zu machen.
Falls die Prüfung der unter Antrag 2 geforderten Akteneinsichtsrechte in den landkreiseigenen bzw. in den GmbHs mit Landkreisbeteiligung noch eine gewisse Zeit erfordert, soll zunächst im zuständigen Ausschuss über Antrag 1 abgestimmt werden und Antrag 2 zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Beratung vorgelegt werden.
per e-mail
Peter-Michael Schmalz
Sprecher der ÖDP im Kreistag Kelheim
Anlagen: Text Informationsfreiheitssatzung der Stadt Passau
Anlage zu Antrag1 des ÖDP-Antrages vom 28.4.2010
Die Stadt Passau erlässt auf Grund des Art. 23 Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern folgende Satzung über den Zugang zu städtischen Informationen:
Inhaltsübersicht
§ 1 Zweck der Satzung
§ 2 Begriffsbestimmungen
§ 3 Informationsfreiheit
§ 4 Ausgestaltung des Informationszugangsanspruchs
§ 5 Antragstellung
§ 6 Erledigung des Antrages
§ 7 Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsordnung
§ 8 Schutz des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses
§ 9 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
§ 10 Schutz personenbezogener Daten
§ 11 Beschränkter Informationszugang
§ 12 Trennungsprinzip
§ 13 Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten
§ 14 Kosten
§ 15 Inkrafttreten
§ 1 Zweck der Satzung
Zweck dieser Satzung ist es, für alle natürlichen und juristischen Personen den freien Zugang zu Informationen zu gewährleisten, die bei der Stadt und den von ihr verwalteten Stiftungen und Eigenbetrieben vorhandenen sind und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Von der Satzung betroffen sind ausschließlich Informationen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises.
§ 2 Begriffsbestimmung
Im Sinne dieser Satzung sind
1.Informationen alle bei der Stadt Passau vorhandenen Daten in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises,
2.Informationsträger alle Medien, die Informationen im Sinne der Ziff.1 in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder in sonstiger Form speichern können.
§ 3 Informationsfreiheit
Jeder natürliche und juristische Person hat Anspruch auf Zugang zu den von dieser Satzung erfassten Informationen.
§ 4 Ausgestaltung des Informationszugangsanspruchs
(1) Die Stadt Passau hat nach Wahl der Antragstellerin oder des Antragstellers Auskunft zu erteilen, Akteneinsicht zu gewähren oder die Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten.
(2) Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen, so weist die Stadt Passau auf diese Tatsache hin und nennt die für die Entscheidung über die Einsicht in diese Akten zuständige Stelle.
(3) Die Stadt Passau stellt ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet. Kann die Stadt die Anforderungen von Satz 1 nicht erfüllen, stellt sie Kopien zur Verfügung.
(4) Die Stadt Passau stellt auf Antrag Kopien der Informationsträger, die die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung zur Verfügung.
(5) Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die Stadt Passau auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.
(6) Die Stadt Passau kann auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie der Antragstellerin oder dem Antragsteller die Fundstelle angibt.
§ 5 Antragstellung
(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag kann schriftlich, mündlich, zur Niederschrift oder in elektronischer Form gestellt werden.
(2) Der Darlegung eines rechtlichen Interesses oder einer Begründung des Antrages bedarf es nicht.
(3) Im Antrag sind die begehrten Informationen zu benennen. Sofern der Antragstellerin oder dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, hat die Stadt Passau die Antragstellerin oder den Antragsteller zu beraten.
(4) Der Antrag soll bei der zuständigen Stelle gestellt werden. Zuständige Stelle ist die Dienststelle der Stadt Passau, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. § 4 Abs. 2 bleibt unberührt. Ist die Stelle, bei der ein Antrag gestellt wird, nicht die zuständige Stelle, so hat sie die nach Satz 2 zuständige Stelle zu ermitteln und der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu benennen.
§ 6 Erledigung des Antrages
(1) Die Stadt Passau macht die begehrten Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Monats zugänglich.
(2) Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen ist innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich zu erteilen und zu begründen. Wurde der Antrag mündlich gestellt, gilt Satz 1 nur auf ausdrückliches Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers.
(3) Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 auf zwei Monate verlängert werden. Gleiches gilt für die Frist des Absatzes 2 Satz 1, soweit die Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigt. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 7 Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung
Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist insbesondere abzulehnen, soweit und solange
1.die Erteilung der Informationen das Wohl des Bundes, des Landes, der Stadt Passau oder die Landesverteidigung oder innere Sicherheit gefährden würde.
2.die begehrten Informationen kraft Gesetzes der Verschwiegenheit unterliegen,
3.durch die Bekanntgabe der Informationen der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten-, Disziplinar- oder eines sonstigen behördlichen Verfahrens oder der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens beeinträchtigt würde,
oder
4.die Bekanntgabe der Informationen den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gefährden würde.
§ 8 Schutz des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses
(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für alle Arbeiten, Beratungen und Beschlüsse, die der unmittelbaren Vorbereitung dieser Entscheidungen dienen, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der mit der Entscheidung bezweckte Erfolg erheblich beeinträchtigt würde.
(2) Der Antrag kann abgelehnt werden für Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und alsbald vernichtet werden.
(3) Informationen, deren Bekanntgabe nach Absatz 1 abgelehnt worden ist, sind spätestens nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens zugänglich zu machen.
§ 9 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
(1) Ist der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen beantragt, so hat die Stadt Passau der oder dem Betroffenen vor einer Entscheidung über den Antrag Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gleichzeitig ersucht die Stadt Passau die oder den Betroffenen um Zustimmung zur Freigabe der begehrten Informationen.
(2) Unterbleibt die Zustimmung, ist der Antrag abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und die Offenbarung nicht ausnahmsweise aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung zulässig ist.
§ 10 Schutz personenbezogener Daten
(1) Die beantragte Bekanntgabe personenbezogener Informationen ist nur im Rahmen der geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen zulässig.
(2) Soweit spezialgesetzliche Regelungen eine Offenbarung derartiger Informationen ausschließen, ist der Antrag unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen abzulehnen.
§ 11 Beschränkter Informationszugang
Soweit und solange Informationen aufgrund der §§ 7 bis 10 nicht zugänglich gemacht werden dürfen, besteht Anspruch auf Zugang zu den übrigen Informationen. Soweit und solange eine Aussonderung nicht möglich ist, besteht Anspruch auf Auskunftserteilung.
§ 12 Trennungsprinzip
Die Stadt Passau trifft geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit Informationen, die aufgrund der §§ 7 bis 10 nicht zugänglich gemacht werden dürfen, möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.
§ 13 Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten
Rechtsvorschriften, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen ermöglichen oder ihre Grundlage in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben unberührt.
§ 14 Kosten
Für Amtshandlungen aufgrund dieser Satzung werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Gebühren sind so zu bemessen, dass zwischen Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Für einfache mündliche oder fernmündliche Auskünfte werden keine Gebühren erhoben.
§ 15 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.